Durch Strassenmusik in die Schweiz

Interview mit Argyle
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Pressebild / ©Andrin Fretz

Mit der Debüt-EP «Waves» zeigt der schottische Musiker Argyle sein Können und die volle melodische Kraft seiner Musik. Wir haben mit dem in Zürich lebenden Musiker gesprochen.

 

Seit ein paar Tagen kann man sich von Argyles weicher und dunkler Stimme und den fein aufgebauten Melodien umwerben lassen. Und das ist wörtlich gemeint. Die aktuelle EP des Songwriters heisst «Waves» und belegt, wie viel Talent und Gespür für Songs der schottische Musiker mit Wahlheimat Zürich besitzt. So bleibt schon der Opener «Stuck Between The Waves» durch den gefühlvollen, aber kräftigen Gesang im Ohr hängen. Argyle gelingt es nämlich mit der unverkennbaren Stimme zu fesseln und diese durch sehr gezielte Gitarrenklänge zu unterstreichen, während er davon singt, gefangen zu sein. Bis zur Mitte des Songs lässt er sich so treiben, bis eine Band dazu stösst und sich ein poppiger Folksong entwickelt, der so richtig tief in die Seele geht.

 

Argyle - «Stuck Between The Waves»

 

Die Musik von Argyle klingt so lässig, wie wenn er sie gerade eben vor dem Kaminfeuer komponiert hätte. Dabei ist der Künstler sein ganzes Leben mit der Musik verbunden, hat schon als kleines Kind gesungen und mit 18 Jahren die Gitarre zur Hand genommen. «Ich habe mir das Spielen selbst beigebracht und nie eine Musikschule besucht», erklärt der charmante Musiker und irgendwie passt das zu seiner entspannten Art. Zur gleichen Zeit hat er damals begonnen, erste Songs zu schreiben.

 

Kein Plan B

 

Seither ist viel passiert. Argyle ist aufgebrochen, um die Welt zu sehen und eroberte als Strassenmusiker die Städte. Diese Zeit war elementar für ihn. «Es hat mich an das Spielen vor Menschen herangeführt. So wurde ich offener mit meiner Musik und lernte mit Menschen zu interagieren», betont Argyle. Zudem hat die Strassenmusik ihn zum Reisen und so vor 8 Jahren der Liebe wegen schlussendlich in die Schweiz gebracht.

 

Hier findet man den geselligen Schotten schon mal beim Bierzapfen in den Strassen Zürichs oder in den winterlichen Bündner Bergen. Wenn Argyle über die Schweiz spricht, spürt man wie wohl er sich fühlt. «Ich bin jetzt schon eine Weile hier und es ist einfach ein wunderschönes Land. Ich geniesse es, hier zu leben», sagt er und daran besteht kein Zweifel. Der Mann, der in einfachen Verhältnissen in einem Industriekaff an der schottischen Küste aufwuchs, hat bis vor einigen Jahren nicht alle Karten auf die Musik gesetzt. «Aber jetzt setze ich voll darauf und es gibt keinen Plan B», sagt er. Er hat sich schnell einen guten Ruf erarbeitet. Seine Stimme war etwa in der 2020er-Weihnachtskampagne von Coop durch den Song «By Your Side» zu hören, dadurch ist er mit Produzenten in Kontakt gekommen, traf auf Musiker wie Stress oder Marius Bear, mit denen er schon zusammengearbeitet hat, und von dort war es ein kleiner Schritt zum eigenen Sound.

 

Bilder im Kopf

 

Argyle legt bei seinen Songs viel Wert auf die Texte und liebt es doppeldeutig. «Ich mag es, wenn es gelingt, mit Texten oder Worten Bilder in die Köpfe zu malen und mit den Fantasien zu spielen. Wenn du also etwas hörst und es verschiedene Bedeutungen haben kann, es dich zum Staunen bringt oder sogar Erinnerungen auslöst und dich so mit der Musik verbindet; das ist für mich der wichtigste Punkt», erklärt Argyle schon fast philosophisch. Bei den fünf Songs auf «Waves» funktioniert das wunderbar und es lohnt sich sehr, die Texte aufmerksam zu hören.

 

Neben den Texten zeichnet Argyle mit seinen Melodien zeitlose Werke in die Luft, denn die Musik ist ihm genauso wichtig. Dafür sind zwei Dinge elementar. Der schottische Bezug zur Musik, wo besonders Livemusik sehr geschätzt wird. «Es geht gar nicht immer um Geld. Die Leute machen Musik aus Leidenschaft», erklärt er. Zudem hat der Musikgeschmack seiner Eltern seinen Teil beigetragen. «Mein Vater hatte einen ausgezeichneten Geschmack. So bin ich mit Künstlern wie Ray Charles, Otis Redding oder Folksängern wie Bob Dylan oder The Band, aber auch mit neueren Künstlern wie Ben Howard in Berührung bekommen», erläutert Argyle und man erkennt diese Einflüsse in der Musik schon, wenn man das will. «Meine Mutter hatte da einen weniger guten Musikgeschmack und so sang ich auch zur Musik von Enrique Iglesias oder ABBA», lacht er und ergänzt: «Aber tatsächlich mag ich die auch. Ich denke, mein gut gemischter musikalischer Background war für die Entwicklung als Künstler wichtig.»

 

Argyle hat es mit seiner angenehmen Art und packenden Songs geschafft, sich zu etablieren. Ihm ist aber auf sympathische Weise durchaus bewusst, dass es die Schweiz ihm als Musiker einfacher gemacht hat. Man könne in der Schweiz viel schneller starten, weil man schon als Neuling gutes Geld verdienen könne. «Das ist der Hauptunterschied. In UK ist es sehr viel härter, mit der Musik zu starten», schliesst er. So pragmatisch das klingt, letztlich schenkt einem auch die Schweiz nichts und ohne gute Musik wird es schwierig. Hier sprechen die Songs auf der EP «Waves» ganz klar für Argyle und es dürften in diesen Sommer viele seine Musik und die charismatische Stimme entdecken, wenn er beispielsweise am Openair St. Gallen oder dem Gurtenfestival spielt. Der Name Argyle könnte bald im ganzen Land bekannt sein. Ob die Zürcherinnen und Zürcher dann noch von ihm Bier gezapft bekommen?

 

Argyle ist am 22. Juni in der Zürcher Barfussbar live zu sehen.  

 

 

Dieser Artikel ist Teil einer Text-Partnerschaft mit den Lokalzeitungen von lokalinfo.ch

 

Bäckstage Redaktion / Mi, 25. Mai 2022